Seenlandmarathon 2018 – HM mit Babyjogger

Die Sommerpause ist vorbei! Nachdem die letzten Wettkämpfe mit b2run und Mammutmarsch nun rund zwei Monate her sind steht der erste Herbstwettkampf an. Das ist leider wörtlich zu nehmen, denn pünktlich zum Wettkampfwochenende hat sich ein Wetterumschwung angekündigt. Von rund 30 Grad und Sonne gingen die Temperaturen auf 15-20 herunter. Das wäre noch gar nicht so tragisch für eine Laufveranstaltung, blöder ist da eher der mit aufkommende Wind. Gerade für mein Vorhaben bei diesem Lauf: Wettkampf mit Babyjogger!

Im Vergleich zu bisherigen Berichten will ich versuchen eine Neuerung einzubauen und zwar eine Art „Preview“. Ich schreibe diesen Teil gerade zwei Tage vor dem Wettkampf mit dem Hintergedanken mir über den Lauf an sich, meine Ziele und einen entsprechenden Plan dafür klar zu werden. Damit vielleicht irgendjemand anderes auch etwas davon hat dachte ich, ich schreibe es hier mit rein – vielleicht interessiert es ja jemanden. In diesem speziellen Fall ergänze ich um die Frage: „Warum denn das???“ Antwort – eigentlich – wie immer: „Warum denn nicht???“ Im Ernst: Ich laufe ja des Öfteren mit dem Babyjogger einfach so – da entsponn sich irgendwann der Gedanke das auch mal im Wettkampf zu machen. Die Kinder werden größer, so viele Möglichkeiten werde ich dafür vielleicht gar nicht mehr haben. Also: warum nicht?!! Eine Herausforderung sollte es dann auch sein, deswegen: Halbmarathon. Das wird eine harte Nuss, die ich mir in drei Stufen eingeteilt habe:

Ziel C: ankommen. Klar

Ziel B: Sub 1h 45min

Ziel A: Sub 100min (also 1h 40min)

Ziel C ist das eigentlich auf jeden Fall zu erreichende Minimalziel. Ziel B schätze ich als „anspruchsvoll realistisch“ und Ziel A als „wenn alles zusammen passt klappt es“ ein. Etwas erschwerend kommt hinzu, dass ich einerseits gefühlt ewig keinen HM mehr am Stück gelaufen bin und speziell die letzten 1,5 Wochen krankheitsbedingt gar nicht laufen konnte. Ein Testlauf mit Baby und Jogger im geplanten A-B Renntempo über 8km ging heute ganz ok, also geht der Lauf an sich klar. Ob die Ziele klar gehen wird sich zeigen 🙂 Den Anfang und das Ende der Strecke kenne ich vom letzten Jahr. Der Beginn hoch zum Brombachsee ist schon ohne Jogger sehr anspruchsvoll – hier gilt es kontrolliert zu laufen und ab „Ankunft See“ ein kontrolliertes Rennen zu laufen. Entsprechend sollte diesmal am Ende tatsächlich ein negativer Split raus kommen 🙂 Etwas unsicher bin ich mir noch mit der Positionierung im Startblock. Ich werde früh rein gehen, da ich ja schlecht mit dem Wagen irgendwie durch komme. Mit den Veranstaltern ist geklärt, dass ich mitten rein kann und soll und nicht vorneweg/hinterher renne. Ich orientiere mich (natürlich) am 1:45er Läufer, tendenziell eigentlich etwas davor, aufgrund der Streckencharakteristik bin ich mir da aber auch noch etwas unschlüssig. Das berede ich mit mir bis Sonntag!

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RACEDAY

Der Start in der raceday verlief fast absolut entspannt. Fast, weil das Wetter seit dem Vorabend nett formuliert beschissen und daher die Motivation der Familie mitzukommen doch eher gering war. Die geplante Abfahrt verzögerte sich dann auch auf 9:30 Uhr (Rennstart um 11:00 Uhr), es war aber alles easy. Wie schon im letzten Jahr waren die ersten Wegweiser zum Parkplatz noch vor Pleinfeld angebracht und innerorts wurde von der Feuerwehr gelotst. Am Ende landeten wir fast an der gleichen Stelle wie letztes Jahr 🙂
Ich zog mich noch am Auto um und bog kurz in die Schule ab, die als Umkleide, Dusche und Toilette geöffnet hatte – ebenfalls klasse!
Wir kamen am Start-/Zielbereich an, als die ersten Hobbyläufer im Ziel waren. Roland Rigotti konnte seinen Vorjahressieg verteidigen, Platz 2 kam mit 19:09 ins Ziel. Da hätte ich schon einen sehr guten Tag gebraucht um das auf diesem Kurs zu laufen! Den dritten Platz vom Vorjahr hätte ich wohl wiederholen können, aber ich war ja auf einer anderen Mission unterwegs 😉
Wir gingen erst mal über das Veranstaltungsgelände zum voll gefüllten Zelt. Mittlerweile hatte der Regen zwar aufgehört, dennoch war ein Großteil der StarterInnen hier versammelt. Ich ging einmal quer durch um mein Startpaket holen. Es ging ratz fatz und was soll ich sagen? Ich habe mich noch nicht oft so über den Inhalt gefreut! Einzig der Optikergutschein war nichts für mich, die Infohefte waren „ok“, Müsli, Duschgel und vor allem das „Buff“ super nützlich! Das ganze in nem Stoffbeutel rundet alles ab. Daumen hoch!
Wir gingen wieder zur Strecke und sahen noch die letzten Läufer der Hobbylaufs ankommen. Nun waren es noch gut 20 Minuten bis zum Start und die letzten Vorbereitungen gingen los. #FrauOhneTwitter und die Großen bereiteten Baby und den Jogger vor, ich lief mich kurz warm. Am Ende saßen neben dem Baby ungefähr fünf Kuscheltiere, ein paar Bücher, eine Rassel und drei Trinkflaschen, sowie diverser Krimskrams der eh drin rum fliegt im Jogger ? Kurz hatte die Kleine dann keine Lust einzusteigen, konnte mit einer kleinen Packung Gummibärchen aber überredet werden sich anzuschnallen. Alter Elterntrick 😉
Also auf in den Startbereich! Es war schon etwas knapp am Start und so kam was kommen musste: alles voll. Alleine hätte ich mich durch gequetscht, mit Jogger aber wie vorher befürchtet keine Chance. Also reihte ich mich hinten ein. Weit hinten. Beim zwei Stunden Läufer hinten ? Die ersten Mitläufer haben nun verstanden, dass ich hier stehe, weil ich mitlaufe. Mit dem Jogger mitlaufe! Ich erntete die ersten neugierigen und verdutzten Blicke und auch schon die ersten Anfragen ob noch Platz im Jogger wäre. Spoiler: nicht das letzte mal.
Auf los ging’s los! Naja, oder auch nicht. Bzw. war „ging“ schon richtig. So weit hinten startete ich schon ewig nicht mehr. Das wäre auch nicht so wild gewesen, aber mit dem riesen Ungetüm, dass ich vor mir herschob war kaum ein durchkommen. Aber man muss die Dinge ja so annehmen wie sie sind und irgendwie hatte ich ja befürchtet, dass es so kommen würde. Und tatsächlich hatte das Ganze auch echt gute Seiten: zum Einen bin ich gezwungenermaßen nicht zu schnell angegangen, zum Anderen hüpfte ich total entspannt vor mich hin während um mich herum einige schon beim ersten Anstieg das Pumpen anfingen! Dass das fies den Anderen gegenüber ist hatte ich ja schon des öfteren festgestellt, trotzdem ist es immer wieder ein gutes Gefühl für das eigene Ego!
Die ersten Kilometer waren also sehr entspannt. Wenn sich Lücken auftaten durch die ich passte nutzte ich diese, ab und zu reichte das erscheinen meines Vorderrads auch aus um eine Lücke zu provozieren. Weit vor mir hatte ich die 1:45er Fahne als Fixpunkt im Blick. Nach drei Kilometern kam dann der Anstieg zum See. Ich hatte vorher ja enormen Respekt davor, aber was soll ich sagen: ich war oben, als ich dachte, dass der Anstieg noch im ersten Drittel sein müsste! Schöne Überraschung! Nächste schöne Überraschung: der Weg hier oben war sehr breit. Zwar war der asphaltierte Bereich von den LäuferInnen belegt, aber ich wich gerne auf den Schotter neben dran aus. Er war nicht tief, lies sich super laufen und ich konnte an vielen Läufern vorbei ziehen und mein Tempo etwas erhöhen. Die nicht so schöne Überraschung: es war verdammt windig. Zwar noch seitlich und leicht von hinten, aber ganz schön stark. Da ich mich neben der Strecke vor arbeitete waren hier oben Viele über meine Begleitung überrascht, im Großen und Ganzen nahmen die Anderen mein Gefährt aber ganz gut auf. Es kam zwar einmal ein „das ist jetzt aber demotivierend!“ gerufen, allerdings eindeutig spaßig. Wobei ich mir andererseits durchaus vorstellen kann, dass das tatsächlich für einige wirklich demotivierend sein könnte. Sollte es ein nächstes Mal geben schaue ich, dass ich wirklich da starte wo ich auch „hingehöre“ um mich nicht durch das Feld arbeiten zu müssen.
Ich lief also neben der „Hauptfahrbahn“ am Damm entlang. Es kam ein Verpflegungsstand und ich entschied mich hinten dran vorbei zu laufen, da ich mich nicht zwischen alle anderen rein und durch die Tische durchquetschen wollte. An dieser Stelle gleich mal ein Lob an die super Organisation und besonders die Streckenposten: ich wurde gesehen und mir wurde „nach hinten“ ein Wasser angeboten. Echt klasse! Und wie überall an der Strecke waren alle super freundlich und hilfsbereit und bemüht einem die Becher „ordentlich“ in die Hand zu geben!
Die schöne breite Strecke am Damm ging knapp 2km. Danach ging es links auf einen immer noch breiten Weg. Zum Glück hinter Bäumen, denn sonst hätten wir hier volle Kanne Gegenwind abbekommen. Hier bemerkte ich das erste Mal Marathonis, die wir überholten. Die Strecke wurde wieder enger und war immer noch sehr voll, sodass überholen nun kaum noch möglich war. Zwischenzeitlich war ich relativ nah am 1:45 Läufer dran, hatte zu seiner Gruppe grob bei KM 6 aufgeschlossen, aber keine Chance vorbei zu kommen. Also hing ich mich dran, trank etwas (hatte ja genug dabei ?) und sparte etwas Kraft – im Nachhinein betrachtet vielleicht auch nicht das Schlechteste! Wir passierten die recht kleine 4h(?) Marathonigruppe und kurz darauf erreichten wir das nächste Stimmungsnest mit VP. Hier wurde der Weg etwas breiter und ich nutzte die Chance über die Wiese an der Gruppe vorbei zu gehen. Beim VP wollte ich kurzfristig ein Gel mitnehmen, griff aber daneben ? …auch nicht schlimm. Nun war endlich mal Platz und ich konnte einfach meinen Stiefel laufen –  ich war endlich „frei“. Mittlerweile war bereits knapp die Hälfte geschafft und ich konnte weiterhin nach und nach Läufer schlucken. Neu war hier die Frage nach dem Elektromotor im Jogger, sie sollte aber auch noch ein paar mal kommen 😉
Nachdem die Strecke zwischen kleinem und großem Brombachsee geschafft war ging es zu einem Wendepunkt. Das war für mich wieder problematisch, da das Überholen hier nicht nur aufgrund der relativ engen Strecke, sondern vor allem aufgrund des Gegenverkehrs schwierig war. Ich hatte hier also ein kurzes Fahrtspiel – entspannter als normal, wenn ich fest hing, schneller beim Überholen. In Summe war das nur vielleicht ein Kilometer, aber ich war echt froh als es herum war und ich sah, dass eine gute Lücke zwischen mir und der 1:45er Gruppe war. Allerdings hielt das auch nicht wirklich lange, denn irgendwie kam nun ein Anstieg den ich absolut nicht auf dem Schirm hatte! Schön ist anders aber hier ging‘s noch. Vor allem: was man hoch darf, darf man ja auch wieder runter. Und runter mit Jogger ist tatsächlich angenehm! Zumindest solange es nicht zu steil ist. Aber hier war es genau richtig und ich konnte an den 3:45er Marathonis vorbei ziehen! Der Endspurt war somit quasi eingeläutet, in Gedanken ging es nur noch zurück zum Startpunkt am See und runter nach Pleinfeld. Zuerst ging es aber noch an einem Truck mit „Sprechern“ (keine Ahnung wie man das nennt ;)) vorbei, die leicht verdutzt über uns waren, später noch durch ein kleines, aber lautes Stimmungsnest. Dort war es nochmal sehr lustig: Dass ich bisher noch nichts vom Baby erzählt habe lag daran, dass die Kleine nach rund zwei Kilometern einschlief und bis jetzt auch nicht aufgewacht war. Ich lief also durch die Zuschauer, legte einen Finger auf die Lippen und sagte „Psssssst, Baby schläft!“ – fanden die Leute auch gut, leiser wurden sie aber nicht ?
Gedanklich war ich also fast im Ziel, auch wenn mich die Schilder immer wieder verwirrten. Dass ich die von der ersten Marathonhälfte nicht einfach hochrechnen kann habe ich erst sehr spät kapiert. Ich überschlug auch immer wieder die Zielzeit – es könnte eine Punktlandung auf 1:40 werden. Hätte werden können. Baby war mittlerweile wach und freute sich genauso auf das Ziel wie ich, aber eins hatte ich absolut vergessen/verdrängt: es kam noch ein Anstieg. Und diese 500m mit ein paar, eigentlich wenigen Höhenmetern vom See weg, bevor es wirklich nach Pleinfeld runter ging, machten mich fertig. Auf dem kleinen Stück habe ich rund eine Minute verloren, die ich auch im etwas zu steilen Downhill dann nicht mehr herausholen konnte.

VeloViewer: kann ich jedem Strava Nutzer nur wärmstens ans Herz legen!

Aber das war egal. Wir waren in fantastischen 1:40:42 im Ziel und mehr als zufrieden! Das reichte sogar zu einem 132. Platz (16. in der Altersklasse und 11. Frau ;))
Im Ziel traf ich dann noch Sven, den ich auf der Strecke bei seinem Marathon nicht mehr erwischt hatte 😉 und futterte und trank mich einmal quer durch das Zielbuffet 🙂 Baby bekam ein Wasser und nen Schwung Gummibärchen und wir machten uns nach kurzem Plausch auf zur wartenden Familie um dann die Heimreise anzutreten.
In Erinnerung bleibt, dass der Lauf zu über drei Vierteln absolut locker war, trotz Jogger und aller, oder vielleicht auch gerade wegen der Widrigkeiten und fehlenden Möglichkeit am Start und auf der Strecke zu Überholen. Es war eine fantastische Erfahrung, etwas besonderes in einen „ganz normalen“ Lauf gepackt zu haben, was so für mich vielleicht nie mehr möglich sein wird!
Nachtrag:
Der Lauf lässt sich auch wunderbar am Pace-Chart nacherzählen:
1: Anstieg zum See
2: Strecke am Damm und breiter Weg
3: Überholmöglichkeit der 1:45er Gruppe
WP: Strecke zum/vom Wendepunkt
4: ungeplanter Anstieg I
5: Einbruch beim letzten „Hügel“

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